Vortrag Allergien 11.11.2010
Vortrag Allergien 11.11.2010
Allergien bei Katzen: Fachvortrag 11.11.2010
Allergien bei Katzen: Feststellung / Verwechslung / Untersuchungsmöglichkeiten / Behandlungen
Als Weiterbildungsveranstaltung für unsere Mitglieder und für katzeninteressierte Gäste hat der KCbB zu einem Vortragsabend über das Thema “Allergien” am 11.11.2010 in das KAGEBA Clubhaus in Pratteln eingeladen.
Zusammenfassung des Vortrags von Dr. med. vet. FVH Beat Bigler, Kleintierpraxis Laupeneck, Bern, “Hilfe - meine Katze hat Juckreiz”
Juckreiz bei Katzen kann verschiedene Ursachen haben, meistens z.B. Hausstaubmilbenallergie, Pollenallergie, Futterallergie, Flohbissallergie, Kontaktdermatitis (Ausschlag nach dem Kontakt mit bestimmten Stoffen), Parasiten, Pilzbefall oder Schuppen. Kratzen führt zu entzündeten Stellen (z.B. am Auge oder am Hals).
Vom klinischen Standpunkt muss zuerst geklärt werden, wo die Hautveränderungen sind: z.B. Rüfen am Kopf der Katze, am Rücken, am Hals, ein entzündetes Auge, kahle Stellen am Bauch oder an den Vorderbeinen.
Allergien manifestieren sich oft durch Haarmangel auf dem Rücken der Katze. Dann handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Floh-Allergie. Katzen sind allergisch auf den Speichel der Flöhe, wenn diese zubeissen. Flöhe injizieren beim Beissen Speichel, um zu verhindern, dass das Blut des Wirts sonst gerinnt. Flohbefall tritt oft an Rücken, Kopf und Hals der Katze auf, weil die Katze die Flöhe dort nicht gut fangen kann. Allerdings sind Flöhe bei Katzen mit Floh-Allergie selten direkt sichtbar (Kämmen der Katze und untersuchen, ob Flöhe im Kamm hängengeblieben sind), da die Katze sich schon ausgiebig geleckt hat und sich Haare ausgerupft hat. Manchmal sieht man auch direkt die Bissstellen, insbesondere wenn sie sich entzündet haben. Auch entzündete Streifen am Bauch oder in der Kniekehle sind ein typisches Zeichen für Flohbefall. Des weiteren kann ein sog. Fettkinn oder entzündete Erhebungen der Haut auftreten.
Flohbefall lässt sich indirekt nachweisen, indem man im Fell der Katze gefundene Kotrückstände der Flöhe (schwarze Partikel) mit einem feuchten Lappen aufnimmt. Bei einer Rotverfärbung hat man es ziemlich sicher mit Flohkot zu tun (Flohkot besteht aus verdautem Blut des Wirts und ist im trockenen Zustand schwarz).
Zusammenfassung eines Vortrags von Dr. med. vet. Esther Rothenanger (Vet Affairs Manager Hill’s / Provet AG), “Futtermittelallergien”
Bei Futterunverträglichkeit unterscheidet man immunologische und nicht-immunologische Ursachen. Erstere zeichnet sich aus durch Bildung von Immunoglobulin E (IgE) beim Verfüttern gewisser Nahrung. Nichtimmunologische Futterunverträglichkeit tritt auf, wenn toxische Stoffe im Futter sind oder Stoffe, die den Metabolismus des Tieres stören. Weitere Gründe sind pharmakologische Wirkstoffe im Futter oder eine Überempfindlichkeit gegenüber gewisser Futterbestandteile (z.B. Weizen). Meistens sind jedoch Eiweisse (Proteine) die direkte Ursache einer Futterallergie.
Der Nachweis einer Futtermittelallergie via Labortest ist leider nicht möglich. Es funktioniert nur eine Ausschlussdiät, d.h. bestimmte Inhaltsstoffe werden während 4-6 (u.U. 8-10) Wochen angeboten und die Reaktion des Tieres wird festgestellt. Sind die problematischen Stoffe erst mal identifiziert, soll der Katze nur noch Futter angeboten werden, welches diese Stoffe nicht enthält (à la carte Menus oder hypoallergenes Diätfutter (z.B. z/d und sog. nichtallergene Hydrolysate, bei welchen die Eiweissebestandteile in kleinere Kettenlängen zerhackt und somit leichter verdaulich sind und vom Immunsystem nicht mehr als fremd erkennbar sind).
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die sog. Compliance, d.h. ob das Tier auch die vorgesehene Behandlung erhält. Das bedeutet, dass der Tierhalter motiviert über einen längeren Zeitraum die Fütterungsvorschriften einhält und genau weiss, welche Stoffe dem Tier schaden. Stolpersteine für das erfolgreiche Fütterungsprogramm sind Snacks, Guetzli, Belohnungen, Zusatzstoffe, aromatisierte Medikamente (z.T. mit Laktose), Männer/Nachbarn/Kinder/Grosseltern, die sich durch bettelnde Katzen erweichen lassen und Beschaffungskriminalität (Raub vom Esstisch, Essensreste, Kehrricht etc.).
Statistisch ist es 60% der Tierhalter nicht klar, wieso der Tierarzt spezielle Massnahmen empfohlen hat (also keine Fragen scheuen). 60% halten sich zwar an die Fütterungsvorschriften, mehr als die Hälfte davon gibt aber zusätzlich Leckerli.
Zum hypoallergenen Futter ist anzumerken, dass es sich dabei um unübliche Proteinquellen handelt (wie z.B. früher Lamm und Reis, heute eher Truthahn, Krokodil und Springbock).
Hydrolysate sind Eiweisse, die derart zerkleinert wurden, dass sie der Körper nicht mehr als Eiweisse erkennen kann. Die sonst freiwerdenden Histamine bewirken den Juckreiz. Dabei geht die für den Gewebeaufbau und das Immunsystem wichtige Funktion des Proteins nicht verloren. Speziell ist zu beachten, dass z.B. Jungtiere dennoch einen erhöhten Proteinbedarf haben, auch wenn sich eine futtersensible Katze im Haushalt befindet.
Rindfleisch (33%) Milchprodukte (33%) Fisch (22%)
Lamm (9%)
Weizen (6%)
Huhn (3%)
Auch in den Kohlenhydraten wie Mais oder Reis sind Spuren von Proteinen vorhanden, auf welche das Tier reagieren kann.
Bei den Zusatzstoffen (z.B. Farbstoff E172 Eisenoxid, Konservierungsmittel E320/321 sowie Rosmarin-Extrakt, Vitamin E und Tocopherol) sind keine dokumentierten Fälle bei Tieren bekannt.
Problematisch also v.a. die tierischen Eiweissquellen, also z.B. Schweinefett. Viel besser verträglich ist hochgereinigtes Fischöl.
Bei à-la-carte und hypoallergenem Futter ist darauf zu achten, dass die Diät ausgewogen ist. Der Zeitaufwand, der Preis und die Beschaffung hochqualitativer Rohstoffe sowie die Schmackhaftigkeit des Futters sind weitere Faktoren.
Zusammensetzung eines à-la-cartte Menus (fein püriert) für die Katze:
- 60 g Reis oder Kartoffeln
- 40 g gekochtes Pferdefleisch
- 10 g Pflanzenöl (Rapsöl)
- 1.2 g Di-Kalzium-Phosphat (aus der Apotheke)
- 1.0 g Kochsalz
- 0.5 g Taurin (in Vitaminpaste)
- 1/2 Vitamin-Mineralstofftablette für Menschen
Das Pflanzenöl kompensiert den Mangel an Omega-3 Fettsäuren, der Kalziumzusatz ist wichtig für einen gesunden Knochenbau. Das Taurin sollte nicht mitgekocht werden, sondern nachträglich beigemengt werden. Es kann auch eine grössere Menge des Menus aufs Mal zubereitet, portioniert und tiefgekühlt werden. Püriertes Futter hat allerdings bei Katzen eine tiefe Akzeptanz.
Kostenvergleich pro Tag in Franken:
Hydrolysat z/d Nassfutter (2 kg): 1.39
à la carte: 5-10
Diättrockenfutter d/d (2 kg): 1.33
Normales Trockenfutter: 0.74
Sheba: 4.60
Die Hydrolysate und Diättrockenfutter (Hill’s) sind also gar nicht mal so teuer.
Tierärzte würden im Anschluss an eine erfolgreich durchgeführte Diät doch noch gerne wissen, was jetzt die allergenen Stoffe sind. Dazu müsste man der Katze wieder verschiedene Futterkomponenten geben (alle 7-10 Tage ein neues Allergen zur Eliminationsdiät, insgesamt 10-12 verschiedene über mehrere Monate), die ihr möglicherweise nicht gut tun. Deshalb ist es verständlich, dass Katze und Mensch gerne auf diesen abschliessenden Schritt verzichten.
Eine weitere Variante von Futtermittelallergie äussert sich in Erbrechen und Magen-/Darmproblemen. Daher ist eine genaue Abklärung essentiell.
Im dritten Teil hat Dr. med. vet. Beat Bigler über Kontaktdermatitis informiert, also Hautveränderungen, die nach dem Kontakt mit bestimmten Stoffen entstehen. In der Dissertation von Marc Schenkel wurden 120 Katzen mit Verdacht auf Kontaktdermatitis (atopische Dermatitis) und 30 gesunde Katzen untersucht. 77 der 120 Katzen zeigten tatsächlich Kontaktdermatitis. Dabei wurden mit einem Fluoreszenzfarbstoff markierte Hausstaubmilben-, Pollen- und Floh-Allergene in Kontakt mit der Haut der Katzen gebracht. So kann nach einigen Tagen unter Ultraviolettlicht bestimmt werden, gegenüber welchen Substanzen Allergien bestehen (fluoreszierende nachgewiesene Antikörper). Der dominante Anteil (25-40%) der positiven Reaktionen stammt von verschiedenen Hausstaubmilben-Allergenen. Flöhe sind nur in 6% der Fälle verantwortlich für eine allergene Reaktion. Schimmelpilze, Birken- und Haselnusspollen bewirkten nur bei einer Katze eine allergische Reaktion, v.a. am Bauch, sehr selten am Kopf oder am Rücken. Hautveränderungen am Bauch deuten also hin auf eine Hausstaubmilbenallergie, währenddem Hautveränderungen am Kopf auf eine Futtermittelallergie hinweisen. Ob sich eine Katze am Kopf oder am Bauch kratzt, sagt also schon viel aus über die Art der Allergie. Hausstaubmilben kommen v.a. im Bett vor, weil es dort warm und feucht ist und immer genug Nahrung vorhanden ist (Hausstaubmilben ernähren sich von Schuppen; Menschen verlieren am Tag etwa 5 Gramm Schuppen).
Katzen mit einer atopischen Dermatitis sprechen recht gut an auf Cortison, währenddem dies kaum etwas nützt bei einer Futtermittelallergie. Katzen vertragen übrigens Cortison viel besser als der Mensch. Als Alternative zur Chemie kann man Antihistaminika oder Omega-3 Fettsäuren geben, wobei erstere den Juckreiz hemmen. Das Medikament Cyclosporin (Novartis) ist sehr wirksam, aber auch teuer. Des weiteren kann auch eine Hyposensibilisierung versucht werden, d.h. die Katze wird durch stufenweise gesteigerte Konzentrationserhöhung an das Allergen gewöhnt. Dies führt in 2/3 aller Fälle zum Erfolg. Eine Desensibilisierungstherapie hilft übrigens auch Menschen bei einer Katzenallergie. Falls die Allergene selbst gespritzt werden, belaufen sich die Kosten auf nur ca. 300 Fr. pro Jahr. Falls nach 6 Monaten noch kein Erfolg sichtbar ist, sollte man lieber etwas anderes probieren. Ansonsten muss die Desensibilisierung lebenslang weitergeführt werden. Es wird in zunehmendem Masse beobachtet, dass eine Hausstaubmilbenallergie auch mit einer Futtermittelallergie auftreten kann. Dann muss sowohl gespritzt werden als auch ein Diätplan befolgt werden. Manchmal muss auch der Allergietest nach ein paar Jahren wiederholt werden, wenn sich Veränderungen ergeben haben.
Antworten auf Fragen aus dem Publikum:
- die Veranlagung zu Allergien wird wahrscheinlich weitervererbt
- Putzmittel verursachen nur selten Allergien, meist als Kontaktallergie an Füssen oder am Bauch
- Hautausschlag nach Impfungen wird verursacht durch Staphylokokken
- Zöliakie (Weizenunverträglichkeit) bei Katzen: Diät auf Basis von Pferde- und Lammfleisch erfolgreich. Auch Schafmilch und ev. Fisch verträglich.
- es kann sein, dass gewisse Rassen anfälliger sind auf Allergien (Inzucht, Zufall). Es fehlt aber an einer verlässlichen Statistik. Möglicherweise ist der Genpool bei gewissen Rassen ziemlich klein.
- auch Katzen können Akne haben (Ursachen aber weitgehend unbekannt). Auffälliger bei Katzen mit hellem Fell. Behandlung mit Clearasil möglich. Bei stark entzündeten Pusteln auch mit Antibiotika.
- Katzenakne durch hormonelle Störungen eher unwahrscheinlich (tritt auch bei Kastraten auf). Schilddrüsenfunktionsstörungen vorwiegend bei älteren Katzen.
- das Auftreten von Allergien scheint zuzunehmen. Dies mag zusammenhängen, dass die Katzen keinen direkten Kontakt mit Schmutz und Bakterien mehr haben. Das Immunsystem muss sich nicht mehr mit der Immunabwehr von Mykobakterien und Bakterien beschäftigen und verwendet unnötig Energie für Allergiereaktionen. Wir scheinen zu sauber zu leben. Des weiteren produzieren gestresste Bäume 6-8x mehr Pollen als “relaxte” Bäume auf dem Land (gemessen an einer Umfahrungsstrasse in Wien).
- es ist unwahrscheinlich, dass sensible, gestresste Katzen mehr Allergien zeigen. Es gibt allerdings ein gut wirksames Antistress-Medikament: Zylkene (Milcheiweiss, welches von Babies durch ein Ferment im Magen verwertet werden kann und beruhigend wirkt). Das synthetisierte Zylkene entstresst ängstliche Katzen. Die Tabletten zu 75 mg wirken auch beim Menschen, wobei eine geringere Dosis schon wirksam ist. Weitere Infos: http://www.labor-laupeneck.ch info@labor-laupeneck.ch
Zum Schluss gab es für jeden ein Hill’s Futterpacket. Für die Organisation des feinen Aperos und die Benützung des Lokals danken wir dem Kantonalen Geflügelverband.
Mittwoch, 2. Februar 2011